Peer Steinbrück: „Betreuungsgeld ist ein Skandal ersten Ranges“

„Betreuungsgeld ein Skandal ersten Ranges“

400 interessierte Bürgerinnen und Bürger klatschten stehend Beifall

Kerstin Griese und Peer Steinbrück im Gespräch

Volles Haus in Mettmann

Dynamisches Trio: Das Dynamische Duo aus Wülfrath mit Hannelore Kraft, ihrem neuen Fan

Die SPD macht massiv Front gegen das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld. Auf einer Wahlveranstaltung in Mettmann nannte Bundestagsabgeordneter Peer Steinbrück das Vorhaben, „eine Prämie dafür zu zahlen, dass Eltern ihre Kinder nicht in eine Kindertagesstätte schicken“, einen „Skandal ersten Ranges“. Die Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Kerstin Griese sprach von einer „bildungspolitischen Schnapsidee“ und „integrationspolitischem Schwachsinn“. Das Betreuungsgeld würde den Staat zwei Milliarden Euro kosten. Dafür, so Griese, könnten 166.000 Kita-Plätze geschaffen werden.
Mehr als 400 Menschen füllten am Samstagnachmittag die Neandertal-Halle in Mettmann. Die meisten von ihnen waren gekommen, um Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu hören, die sie mit stehendem Beifall empfingen. Kraft machte sich in einer Talk-Runde mit Kerstin Griese erneut stark für ihre vorsorgende Sozialpolitik. Allein die sogenannte Obhutnahme, die Fälle, in denen Kinder aus Familien heraus genommen und in Heime oder Pflegefamilien untergebracht werden, koste die Kommunen zusammen 1,2 Milliarden Euro. Deshalb forderte Kraft, der Staat müsse früher eingreifen und helfen. „Wir dürfen die jungen Menschen nicht im Stich lassen.“ Deshalb macht sie sich für Sozialarbeit in Schulen stark, denn viel teurer sei es schon heute für den Staat, jungen Menschen nachträglich zu einem Schulabschluss zu verhelfen. „Wir wollen frühzeitig Geld einsetzen, um hinterher weniger reparieren zum müssen.“
Den Vorwurf der Opposition, sie sei eine Schuldenkönigin, nannte sie „verlogene Politik“. Zum einen sorgten Beschlüsse des Bundes wie das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz für drastische Mindereinnahmen bei den Ländern: „Dafür hätten wir 17.000 Stellen streichen müssen.“ Zum anderen habe die rot-grüne Regierung im vergangenen Haushalt immerhin 750 Millionen Euro eingespart. Und im für dieses Jahr geplanten Haushalt, der im Landtag scheiterte, wären es noch einmal eine Milliarde Euro gewesen. Hannelore Kraft erinnerte daran, dass die Regierung Rüttgers, die die Kommunen geplündert habe, für dieses Jahr eine Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro vorgesehen hatte.
Eine Finanzpolitik, bei der wie mit einer Gießkanne Geld über das Land verteilt werde, sei mit ihr nicht zu machen, sagte Kraft: „Ich bin gelernte Bankkauffrau. Ich habe Wirtschaft studiert.“ Aber eín Unternehmen in schwieriger Lage, das nicht in Entwicklung und Forschung investiere, verbaue sich die Zukunft. Und genauso müsse der Staat in Kinder und Bildung investieren.
„Starke Schultern in diesem Land können und müssen mehr tragen“, rief die Ministerpräsidentin unter dem Beifall der Besucher. Sie erneuerte die Forderung der SPD nach einem Spitzensteuersatz von 49 Prozent für Einzelpersonen, die 100.000 Euro im Jahr oder mehr verdienen, bei Paaren 200.000 Euro und mehr. Und sie forderte die Transaktionssteuer für Finanzgeschäfte, „damit auch endlich die bezahlen, die die Krise verursacht haben“.
An dem in verschiedenen Gesprächsrunden aufgelockerten Nachmittag konnten sich auch die vier Direktkandidaten für den Landtag dem Publikum präsentierten: Volker Münchow (Velbert, Wülfrath, Mettmann), Manfred Krick (Mettmann, Haan, Erkrath, Hilden), Elisabeth Müller-Witt (Ratingen, Heiligenhaus) und Jens Geyer (Langenfeld, Monheim, Hilden).
Peer Steinbrück forderte die Landesregierung auf, sich im Bundesrat unbeirrt gegen das mit der Schweiz geplante Steuerabkommen einzusetzen. Diese Regelung legalisiere den Betrug und behandle die Betrüger besser als jene, die sich wenigstens zu einer Selbstanzeige getraut hätten. Deutschland erhalte zudem noch weniger Informationen als die Amerikaner. Angesprochen auf sein Bild der Kavallerie, sagte Steinbrück: „Die Amerikaner lassen sie ausreiten. Es wäre gut, wenn wir wenigstens mal die Pferde satteln würden.“
http://www.spd-kreis-mettmann.de/meldungen/1584/115073/Betreuungsgeld-ein-Skandal-ersten-Ranges.html