Bundestag debattiert über Fracking

Fracking: Umweltminister handelt wahltaktisch
Die „unkonventionelle Erdgasförderung“, die auch als „Fracking“ bezeichnet wird, war Gegenstand einer Debatte im Bundestag. Bereits Anfang November 2011 hat die SPD-Fraktion ihren Antrag „Leitlinien für Transparenz und Umweltverträglichkeit bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas“ (Drs. 17/76 12) in den Bundestag eingebracht. Er wurde am gestern von der schwarz-gelben Mehrheit abgelehnt.
Umweltminister Röttgen (CDU) blieb zwei Jahre lang untätig und das trotz der massiven Verunsicherung der Bevölkerung in Gebieten, die für das „Fracking“ erkundet oder schon erprobt werden sollen. Die liegen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie auch in Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern. Doch jetzt präsentierte er wieder eine seiner bekannten Kehrtwendungen, die spätestens seit den Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke und der auf öffentlichen Druck erfolgten Rückkehr zum Atomausstieg nach Fukushima bekannt sind. So gesehen bleibt sich Röttgen treu.
Röttgen wacht nach zwei Jahren wahlkampftaktisch auf
Das war schon skurril, was der Umweltminister in der Bundestagsdebatte zu den Oppositionsanträgen zum „Fracking“ bzw. zur unkonventionellen Förderung von Erdgas, die zur Abstimmung standen, abgeliefert hat. Nachdem er und sein Ministerium in den vergangenen zwei Jahren nichts auf den Tisch gelegt hatten, gab er sich nun ganz wahltaktisch als Beschützer der Bürgerinnen und Bürger und der Natur.
Plötzlich gerierte sich Röttgen als der Anwalt der Bürgerinnen und Bürger, die seit Monaten Sturm laufen gegen die Fracking-Vorhaben vor ihrer Haustür. Er bekannte sich zu Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion, die seit November 2011 vorliegen. Ein leicht durchschaubares Manöver des CDU-Spitzenkandidaten in NRW.
„Der Minister hat Angst vor dem Wahlsonntag“, sagte der stellvertretende umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Schwabe. Röttgen habe zwei Jahre Zeit gehabt einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen. Er brauche nur den Anträgen der Oppositionsfraktionen zuzustimmen.
Man müsse angesichts der Werbespots von Exxon Chemical auf der Hut sein, in denen behauptet würde, dass Fracking keine Risiken berge, stellte Schwabe klar.
Als Brückenenergieträger sei Erdgas zwar wichtig, doch Fracking dürfe es aus Sicht der SPD-Fraktion nur geben, wenn es umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen mit Bürgerbeteiligung gebe, so Schwabe. Was die CDU/CSU-Fraktion wolle, sei allenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung light. Die Bürgerinnen und Bürger erlebten vielmehr, dass die Claims durch die Unternehmen bereits abgesteckt würden.
Röttgen hat verharmlost und verschleppt
Die Bundesregierung habe sich bislang nur durch Verharmlosung und Verschleppung hervorgetan. So habe es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom März 2011 geheißen, dass es bei Beachtung der Umweltauflagen keine wesentlichen Unterschiede zwischen Fracking und der konventionellen Förderung von Erdgas gebe. Doch nun plötzlich geben sich Röttgen und Wirtschaftsminister Rösler (FDP) skeptisch. Ankündigungsminister Röttgen, der die gesamte Energiewende „verkorkse“ nehme sich nun angeblich dem Thema an. Und all das, nachdem ein Antrag der rot-grünen NRW-Landesregierung im Bundesrat und die Anträge der Opposition im Bundestag von Schwarz-Gelb abgelehnt wurden.
Dabei hatte Umweltminister Röttgen genug Zeit, um zu handeln. Aber der „Nichtumweltminister“ hat nicht gehandelt und keine Verantwortung übernommen. Die CDU/CSU hatte vollmundig im August 2011 erklärt, eine Initiative in die Wege zu leiten. Doch nichts ist geschehen. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger wurden ignoriert. Die zuständigen Minister in der Bundesregierung Röttgen und Rösler (FDP) blieben untätig. Zwischenzeitlich wurden in NRW Erkundungs- und Erprobungsvorhaben gestoppt.
Die Anwendung der Fracking-Technologie brauche die Akzeptanz der Bevölkerung, so Frank Schwabe. Doch auch Wirtschaftsminister Rösler zeige sich borniert und ignorant. Ihm gehe es nur um: „täuschen, tricksen, tarnen“, sagte Schwabe. Umwelt- und Wirtschaftsminister seien nicht in der Lage ein Gesetz vorzulegen.
Die Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion:
Bei Förderungsvorhaben, bei denen Fracking angewendet wird, muss/müssen
– transparent informiert und die Öffentlichkeit über die Vergabe von Erkundungslizenzen beteiligt werden,
– bis zum Abschluss eines neuen gesetzlichen Rahmens ein „Moratorium“ gelten, damit keine Fakten geschaffen werden können. Dieses „Moratorium“ soll so lange gelten, bis „Fracking-Methoden“ ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, die zu einer schädlichen Veränderung des Grund- und Trinkwassers führen, zur Verfügung stehen,
– das Bergrecht dahin gehend verändert werden, dass für alle Projekte für Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dies hat zur Folge, dass für alle Projekte ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden muss ist. Gelten müssen diese Vorschriften für die Aufsuchung und die Gewinnung gelten, da bereits bei Tiefbohrungen im Rahmen der Erkundung Umwelteinwirkungen eintreten können, wenn dabei Fracking-Maßnahmen unter Einsatz von Chemikalien zu Testzwecken durchgeführt werden,
– Regelungen getroffen werden, die eine Gefährdung des Grund- und Trinkwassers durch die eingesetzten Chemikalien verhindern,
– Fracking in sensiblen Gebieten wie zum Beispiel in Trinkwasser-Gewinnungsgebieten verboten werden,
– dafür Sorge getragen werden, dass zukünftig bei der Planfeststellung von Projekten mit unkonventionellem Erdgas grundsätzlich die Auswirkungen auf Grundwasser und Oberflächengewässer ein besonderes Gewicht bei allen Entscheidungen erhalten und die Wasserbehörden beteiligt werden,
– festgelegt werden, dass standardisierte Auflagen und Entsorgungspläne bezüglich der Lagerstättenwasser, Frack- und Abwässer aus den Produktionsstätten vorzulegen sind. Die beim Fracking anfallenden Abwässer wie Frackwasser oder Lagerstättenwasser müssen aufgefangen, fachgerecht aufbereitet und
– sich dafür eingesetzt werden, dass eintretende Schäden nicht von der Allgemeinheit getragen werden. Der Betreiber muss für sämtliche Schäden unbegrenzt haften und sich zur Begleichung möglicher Schäden durch Rückstellungen finanziell absichern,
– im Bundesberggesetz die Beteiligung von Betroffenen verbessert werden. Auch sollen die Gemeinden, in deren Gebiet das Bergwerksfeld liegt, von der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung oder Verleihung einer Bergbauberechtigung unterrichten werden.