Es gibt Dinge, die würden wir lieber nicht weiter geben müssen, dies hier gehört dazu… ;-(( Mit der nachfolgenden
Gemeinsamen Presseerklärung des Kreises Mettmann, der Städte Erkrath und Mettmann und der Stiftung Neanderthal Museum
geben diese die Aufgabe der Pläne für das Projekt Erlebnis Neandertal bekannt:
Ausstieg aus dem Zwei-Türme-Projekt
Gewinner des Wettbewerbs Erlebnis NRW
Groß war die Freude im November 2010:
Mit dem Projekt „Erlebnis Neandertal“ (Hochpfad, Panoramaaufzug, Infozentrum und acht weiteren Maßnahmen) hatte der Kreis Mettmann gemeinsam mit seinen Projektpartnern, den Städten Erkrath und Mettmann sowie der Stiftung Neanderthal Museum als Gewinner des Wettbewerbs Erlebnis NRW den mit Abstand „dicksten Fisch an Land gezogen“. Freude und Euphorie waren riesig. Insgesamt sollten rund 4,5 Millionen Euro europäischer Fördermittel in das Neandertal fließen.
Planungsschwierigkeiten
Ursprünglich war damit gerechnet worden, dass bereits im Frühjahr 2011 ein entsprechender Bewilligungsbescheid ergeht. Stattdessen wurde der Kreis als Projektträger aufgefordert, eine detaillierte Planung für die einzelnen Bauvorhaben vorzulegen.
Mit jedem Planungsschritt traten allerdings gravierende Schwierigkeiten zutage. Deren vorläufiger Höhepunkt war das Aus für den Hochpfad. Nicht etwa naturschutzfachliche Gründe, sondern die der Örtlichkeit geschuldeten bautechnischen Erfordernisse, verknüpft mit horrenden Steigerungen der Materialpreise, verdoppelten die Projektkosten. Dies war der Grund dafür, dass die Projektgemeinschaft im Dezember 2011 beschloss, auf den geplanten Hochpfad zu verzichten.
Entwicklung des Zwei-Türme-Konzepts
Die sich aus der Förderung ergebenden Chancen sollten jedoch nicht aus der Hand gegeben werden. Unter enormem zeitlichem Druck konnte ein Alternativprojekt mit Panoramaaufzug und Entdeckerturm entwickelt werden.
Dieses „Zwei-Türme-Konzept“ wurde sowohl von der Wettbewerbs-Jury als auch von den Bewilligungsbehörden gleichermaßen als förderfähig anerkannt.
Die Zeitfalle
Gleichzeitig baute sich in diesem Projekt erheblicher Zeit- und Kostendruck auf. Mit zunehmendem Planungsfortschritt zeichnete sich mehr und mehr ab, dass
die Bauzeitenpläne mit der Einhaltung des verbindlichen Realisierungszeitraumes kaum mehr in Einklang standen und
die Einhaltung der Förderrichtlinien gefährdet war.
Bei allen Widrigkeiten blieb die Arbeit aller Beteiligten zunächst von der Zuversicht geprägt, dass sich das Projekt unter großen Anstrengungen doch noch als umsetzbar erweisen könnte. Bemerkenswert und keineswegs selbstverständlich dabei war, dass der Kreistag bereit war, die Gemeinschaft der Projektpartner bei dieser Gratwanderung bestmöglich abzusichern.
Allerdings war bereits vor den Sommerferien erkennbar, dass hinsichtlich der Abwicklung des Projekts der Zeitrahmen ausgedehnt werden musste und zur zeitlichen Umsetzung die baldmöglichste Erteilung eines Bewilligungsbescheides erforderlich war.
Abstimmung mit den Bewilligungsbehörden
Unter diesen Gesichtspunkten wurde die Bezirksregierung Anfang Juli gebeten, den Durchführungszeitraum um 4 Monate zu verlängern und den Bewilligungsbescheid möglichst bis Ende Juli zu erteilen.
Die Antwort der Bezirksregierung hat die Projektgemeinschaft geschockt, da sie folgende Aussagen trifft.
Eine Verlängerung des Durchführungszeitraums ist nach den engen Rahmenbedungen für EU-Förderprogramme äußerstenfalls für 2 Monate denkbar.
Eben so wenig lassen die Förderbestimmungen eine
Teilabrechnung nach Ablauf des Durchführungszeitraums zu.
Die baufachliche Prüfung durch die Bewilligungsbehörde und die Beteiligung weiterer Fachdienststellen der Bezirksregierung sowie die Einbeziehung des Ministeriums lässt die Erteilung des Bewilligungsbescheids nicht vor September 2012 erwarten.
Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn kann nicht gestattet werden.
Baugrundsicherung lässt Kosten explodieren
Ende Juli wurden weitere Erkenntnisse im Projekt bezüglich des
Baugrundes gewonnen:
Aufgrund der engen Fristen zur Erstellung der Entwurfsplanungen und der erst nach der Neukonzeption des Zwei-Türme-Konzeptes Anfang 2012 erfolgten endgültigen Festlegung der Standorte für die zentralen Bauobjekte, konnte die Baugrunduntersuchung erst im März 2012 beauftragt und anschließend durchgeführt werden.
Die Gutachten zeigen auf, dass sich insbesondere der Hang in der Umgebung des Infozentrums und des Panoramaturms als instabil erweist, jedoch keine Gefahr für den Bahndamm darstellt.
Aus den spezifischen Gegebenheiten des Baugrundes resultiert ein deutlich erhöhter Aufwand zur Sicherung der Baugrube und der projektierten Bauwerke. Dieser Aufwand schlägt sich in erhöhten finanziellen Mehraufwendungen von mindestens 1,65 Mio. € nieder. Diese entstehen durch die bautechnisch anspruchsvolle Errichtung von dauerhaften und massiven Bohrpfahlwänden, die für alle Besucher sichtbar sein werden.
Durch diese zusätzlichen Bauvorhaben (Hangsicherung und Gründung) ergeben sich zudem auch weitere erhebliche Verzögerungen im Projektzeitplan von mindestens sechs Monaten.
Bewertung der Fakten führt zum Ausstieg aus dem Projekt
Die Projektgemeinschaft hat in den letzten Tagen eingehend geprüft, ob angesichts der dargestellten Fakten eine weitere Beteiligung an dem Projekt möglich ist. Das Ergebnis lautet einvernehmlich:
Die Projektgemeinschaft empfiehlt dem Kreistag, den Stadträten und dem Stiftungsrat den Antrag auf Bewilligung von Ziel2-Mitteln zurückzuziehen
Folgende Gründe sind hierfür entscheidend:
Da der Durchführungszeitraum nicht ausreichend verlängert werden kann, ist die Verwirklichung des Projekts aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Würden Kreis und Projektträger das Bauvorhaben trotzdem durchführen, liefen sie Gefahr, sämtliche Fördermittel zurückzahlen und die gesamten Investitionskosten aus eigenen Budgets finanzieren zu müssen.
Mit der für September 2012 avisierten Erteilung eines Bewilligungsbescheids und der gleichzeitigen Unmöglichkeit eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns kann der Kreis Mettmann als Projektträger derzeit keine weiteren Planungsaufträge erteilen. Dies wäre aber zwingend nötig, um wenigstens eine Minimalchance auf die rechtzeitige Beendigung der Bauprojekte zu wahren.
Dies alles wird jedoch von der Tatsache überlagert, dass die Bauarbeiten für die Hangsicherung und für die Gründung der Bauwerke den bisherigen – eh schon gefährdeten – Zeitplan aus den Angeln heben. Einerseits sind diese Arbeiten für die bauliche Herstellung des Panoramaaufzugs und des Info-Centers unverzichtbar. Andererseits würde die Realisierung die Durchführungszeiträume hierdurch noch weiter überschritten, als dies ohnehin der Fall gewesen wäre.
Hangsicherung und Gründung würden weitere Baukosten von rd. 1,65 Mio. € verursachen. Hierfür ist eine anteilige Finanzierung durch Ziel2-Fördermittel ausgeschlossen. Daher würden die Gesamtkosten des Projekts auf 8,1 Mio. € ansteigen und sich die Eigenanteile der Projektbeteiligten um eben diese 1,65 Mio. € erhöhen.
Nach Auskunft der Bezirksregierung verbieten die Förderrichtlinien eine Mittelbewilligung, sofern absehbar ist, dass das Projekt nicht im Rahmen der Programmlaufzeit durch die Projektträger abgeschlossen werden kann.
Die Projektbeteiligten empfinden die Aufgabe des Projekts als schmerzlich. Die Entscheidung entspricht jedoch unserer Verantwortung gegenüber den Bewilligungsbehörden und einem angemessenen Umgang mit öffentlichen Mitteln, denn auch EU-Fördermittel sind Steuermittel.
Das Neandertal wird weiter entwickelt
Die Projektbeteiligten sind weit davon entfernt, jetzt aus Enttäuschung über den Ausstieg die Hände in den Schoß zu legen. Der Kreis Mettmann, die Städte Erkrath und Mettmann sowie die Stiftung Neanderthal sind entschlossen, das Neandertal und sein weltberühmtes Museum weiterzuentwickeln. Die vorliegenden Gutachten zum Tourismuskonzept belegen nämlich, dass die Steigerung der Aufenthaltsqualität des Neandertales als touristisches Flaggschiff für das gesamte neanderland von hoher Bedeutung ist.
Grundlage ist hierfür der im September 2010 fertig gestellten „Masterplan Neandertal“. Auf dieser Grundlage müssen jetzt die dort in großem Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickelten Konzepte weiterverfolgt werden.
Große Teile der im Rahmen des Projektes „Erlebnis Neandertal“ erarbeiteten Gutachten und gewonnenen Erkenntnisse waren nicht umsonst. Sie können jetzt für den Masterplan sinnvoll eingesetzt und genutzt werden.
Dies wird ohne die Förderung aus EU-Mitteln sehr viel langsamer von statten gehen. Allerdings werden für die Projektbeteiligten die Gestaltungsspielräume größer, da nicht mehr auf einengende Förderrichtlinien Rücksicht genommen werden muss.
Die Finanzierung für die Umsetzung des Masterplans Neandertal könnte aus den Haushalten der Projektbeteiligten erfolgen.
Landrat, Bürgermeister und der Vorstand der Stiftung werden deshalb ihren Gremien vorschlagen, die bisher bereits in den Budgets eingeplanten Finanzmittel weiterhin für die Umsetzung des „Masterplans Neandertal“ zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist geplant, für die Maßnahmen Sponsoren zu gewinnen, damit eine zeitnahe Umsetzung ermöglicht wird.