Wie geht es weiter auf der Max-Planck-Straße?

Prof. Dr. Bernhard Stüer, Rechtsvertreter der Stadt Erkrath im Verfahren zur Durchsetzung ganztägigen Lkw-Fahrverbots und von Tempo-30-km/h auf der Max-Planck-Straße in Unterfeldhaus, schildert das Gerichtsverfahren und beschreibt seine Beschlussvorläge für den Stadtrat, der dazu morgen beschließen wird:
Max-Planck-Straße: Verwaltungsgericht Düsseldorf schließt verkehrsberuhigende Maßnahmen nicht aus, hält die bisherigen Abwägungen der unterschiedlichen Interessen allerdings für nachbesserungsbedürftig
(Düsseldorf/Erkrath). Die vom Planungs- und Umweltausschuss beschlossenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung auf der Max-Plack-Straße hätten umfassend begründet werden müssen. Die Anordnung einer Tempo-30-Zone auch tagsüber und die Anordnung eines Durchfahrtsverbots für LKW über 3,5 t ist gemessen an den rechtlichen Anforderungen des Straßenverkehrsrechts nicht ausreichend gewesen, erklärte der Präsident des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in der mündlichen Verhandlung vom 25.1.2013. Ein Urteil ist gleichwohl nicht ergangen. Die Stadt hat vielmehr bis zum 18.3.2013 Bedenkzeit, ob sie das Klageverfahren beendet, was zugleich die Möglichkeit nicht ausschließt, nach den Vorgaben des Gerichts erneut an den Start zu gehen. Hierzu hatte das Gericht entsprechende Hinweise gegeben. Prof. Bernhard Stüer (Münster), der den Rat der Stadt Erkrath vor Gericht vertreten hatte, will sich in den politischen Gremien für einen solchen Weg einsetzen.
Die Hinweise des Gerichts lauten sinngemäß wie folgt:
„Als Rechtsgrundlage für die zeitliche Ausdehnung der Tempo-30 Regelung und eines ganztägigen Fahrverbots von Kraftfahrzeuge über 3,5 t in dem Bereich Heinrich-Herz-Straße und Am Maiblümchen dürfte allein § 45 I 2 Nr. 3 StVO in Betracht kommen. Gemäß Abs. 9 dieser Vorschrift dürfen Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der örtlichen Verkehrsverhältnisse eine Gefährdungslage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsbeeinträchtigung erheblich übersteigt. Ein Einschreiten setzt dabei nicht voraus, dass ein bestimmter Schallpegel überschritten wird. Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung wird nicht durch gesetzlich festgelegte Grenzwerte festgelegt. Auch in den Richtlinien wird diese Grenze nicht bestimmt (BVerwGE 74, 234, VGH München, Urteil vom 21.3.21012). Eben so wenig können die Immissionswerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) im Rahmen des § 45 I 2 Nr. 3 StVO unmittelbar angewandt werden. Denn die Vorschrift bestimmt diese Werte nur für den Bau und die wesentliche Änderung öffentlicher Straßen. Demgegenüber geht es hier um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen für bestehende Straßen. Allerdings ist anerkannt, dass die Immissionswerte der 16. BImSchV im Rahmen des § 45 I 2 Nr. 3 StVO als Orientierungswerte herangezogen werden können, da sie die Wertung des Normgebers zum Ausdruck bringen, welche Schwelle hier anzuwenden ist (VGH München, 21.3.2012; OVG Münster, 1.7.2005 – 8 A 2351/04 – ). Bei einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV kommt daher die Anordnung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen allerdings unter Nutzung von fehlerfreien Ermessenserwägungen der Zumutbarkeitsschwelle in Betracht. Bei Lärmpegeln, die in den Lärmschutz-Richtlinien StV aufgeführten Richtwerte überschreiten, kann sich das Ermessen sogar zu einer Verpflichtung verdichten (BVerwG, 4.6.1986).
Liegen die Voraussetzungen des § 45 I 2 Nr. 3 StVO vor, hat die zuständige Behörde im Rahmen ihres Ermessens die verschiedenen Interessen zu würdigen. Folgende Gesichtspunkte sind u.a. einzustellen (so OVG Münster, Urt. v. 17.2.1997 – 25 A 246/95): Die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes, die Vorbelastungen, die Funktion der Straße, die Frage, ob die Straße funktionsgerecht oder funktionswidrig genutzt wird. Die Höhe der Lärmvorbelastungen und die Auswirkungen der verkehrsberuhigenden Maßnahmen auf andere Stellen des Stadtgebietes, der Grad der Lärmbelastung und die durch die Verkehrsbeschränkung zu erwartende Lärmreduzierung. Dabei ist eine verkehrsbeschränkende Maßnahme in Gebieten mit hohen Lärmbelastungen nicht allein deshalb ungeeignet, weil sie eine Verringerung von 3 dB(A) nicht erreicht. Auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann allerdings nicht auszuschließen sein, dass gleich geeignete oder andere Maßnahmen wie Flüsterasphalt in Betracht kommen und erwogen werden müssen.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe dürften sich die straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen als rechtswidrig erweisen. Der Planungs- und Umweltausschuss der Stadt Erkrath hat die vorgenannten Maßstäbe nicht dokumentiert. Bei dem ersten Beschluss waren nicht einmal die Pegelminderungen bekannt. Im Hinblick auf die Anordnung eines ganztägigen Fahrverbotes würde eine solche Regelung allerdings nicht gegen den Vorbehalt des Straßenrechts verstoßen, weil die Max-Planck-Straße als allgemeine Gemeindestraße gewidmet ist. Es kommt auch nicht zu einer Teilentwidmung der Straße. Auf der Grundlage des Straßenverkehrsrechts dürfen aus Gründen der Sicherung des Lärmschutzes einzelne Benutzungsarten ausgeschlossen werden, wenn es hier bei einer Verkehrsausdünnung verbleibt.“
1 K 5900/11 – VG Düsseldorf
Vorschlag für das weitere Vorgehen
Der Unterzeichnete ist gern bereit, zeitnah über das Gerichtsverfahren und dessen Ergebnis in den politischen Gremien zu berichten. Das Gericht hat nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage vorgeschlagen, das Klageverfahren zu beenden, was zugleich die Möglichkeit nicht ausschließt, auf der Grundlage der gerichtlichen Hinweise eine Neuanordnung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen vorzunehmen, die nach den in der Verhandlung erörterten Maßstäben zu begründen sind. Es könnte sich empfehlen, dafür möglichst bald eine Entscheidung der politischen Gremien herbeizuführen und zeitnah die notwendigen Schritte einzuleiten. Es könnte sich dabei empfehlen, folgende Beschlüsse zu fassen:
Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 25.2.2013 erörterten rechtlichen Maßstäbe (1 K 5900/11) die notwendigen vorbe-reitenden Schritte einzuleiten, um verkehrslenkende Maßnahmen im Bereich der Max-Planck-Straße anzuordnen. Dabei soll die am Rande des Gerichtstermins erklärte Bereitschaft des Kreises Mett-mann, die beabsichtigten Maßnahmen und deren Begründung mit ihm abzustimmen, aufgegriffen werden.
Im Hinblick darauf soll das vorgenannte Gerichtsverfahren auch aus Kostengründen nicht weitergeführt werden. Alle vom Landrat aufgehobenen Beschlüsse werden aufgehoben, sodass sich die Hauptsache des Gerichtsverfahrens erledigt hat.
Begründung: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in der Verhandlung vom 25.2.2013 nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage zu erkennen gegeben, dass die vom PlUV beschlossenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung auf der Max-Planck-Straße in Erkrath-Unterfeldhaus rechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind. Das gilt sowohl für die auch tagsüber angeordnete Tempobegrenzung auf 30 km/h als auch für das LKW-Durchfahrtsverbot. Allerdings hat es darauf hingewiesen, dass die angeordneten Maßnahmen nicht ausreichend begründet und die widerstreitenden Interessen der Verkehrsteilnehmer und der Anwohner nicht ausreichend abgewogen seien. Aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen lasse sich in verschiedenen Teilbereichen eine Abwägung überhaupt nicht entnehmen. Vergleichbare Fragestellungen hatte bereits Professor Dr. Bernhard Stüer, der die Stadt in Düsseldorf vertreten hat, bereits im Vorfeld des Gerichtstermins aufgeworfen. Der Rechts-anwalt empfiehlt daher, die vorgenannten Beschlüsse zu fassen, um auf einer entsprechenden Grundlage eine erneute Entscheidung über die Anordnung von Maßnahmen der Verkehrsberuhigung der Max-Planck-Straße zu treffen. Der Kreis Mettmann hat im Übrigen angeraten, zur Vermeidung einer erneuten gerichtlichen Auseinandersetzung das weitere Verfahren mit ihm abzustimmen. Dem sollte durch eine entsprechende Benehmensherstellung entsprochen werden.