Der Rat der Stadt Erkrath hat heute den Haushaltsplan 2016 mit CDU-BmU-Mehrheit beschlossen. Obwohl von der SPD wie vom Bürgermeister und vom Stadtkämmerer auf die Risiken hingewiesen, neben den bereits erzielten Sparerfolgen auch auf nachhaltige Einnahmensicherung durch Anhebung der Grundsteuer zur Wahrung der guten Standards in Erkrath bei Kinderbetreuung, Bildung, Sport und Infrastruktur zu achten, beschlossen die Mehrheitsfraktionen das Budget mit einem Fehlbetrag von mehr als 7,6 Millionen Euro.
Hier folgt das Redemanuskript der dann doch frei gehaltenen Ausführungen des SPD-Ratsfraktionsvorsitzenden Detlef Ehlert zum Haushalt:
Stellungnahme der SPD-Ratsfraktion zum Haushalt 2016 der Stadt Erkrath
Es gilt das gesprochene Wort
Anrede
ein spannendes Jahr liegt hinter uns seit der – einstimmigen – Verabschiedung des Haushaltes 2015. Wir wünschten uns, dass wir ein solches Ergebnis auch heute wieder hinkriegten, wären allerdings auch zufrieden, wenn wir zumindest eine breite Mehrheit für unsere Vorschläge bekommen, muss ja nicht immer alles einvernehmlich sein… „wink“-Emoticon
Die Situation vor der wir stehen, die aktuelle Problemlage gebietet es unseres Erachtens aber geradezu, einen Haushalt mit großer Mehrheit zu beschließen, der verantwortlich Weichen für den Weg in eine ausgeglichene Haushaltslage der Stadt eröffnet.
Wir haben keine Wahlkampflage mehr, die den einen oder die andere hier vorgeblich daran hindern könnte, mit nüchternem Blick auf die Zahlen und Daten zu schauen.
Wir haben einen neuen Bürgermeister, der mittlerweile auch was von Erkrath gesehen und vor allem die Verwaltung und den Zustand der städtischen Schatz-kammer kennen gelernt hat. Dabei gab es einige Holprigkeiten zu Beginn, die sich aber mehr und mehr ausschleifen und es gibt immerhin deutlichen Fortschritt gegenüber früheren Jahren. Wir begrüßen das sehr und bedanken uns ausdrücklich bei Herrn Schultz für den offenen und kommunikativen Umgang zwischen ihm als Chef der Verwaltung und dem Stadtrat im Ganzen wie den Fraktionen hier im Haus.
Nun, wir haben die Wahlen hinter uns, aber die alten Sorgen bedrücken uns nach wie vor, neue Schwierigkeiten sind hinzugekommen.
So ist die Jahresrechnung mit – vorläufig – 6 Millionen Euro deutlich schlechter ausgefallen als angenommen und könnte noch die berühmt-berüchtigte 5-%-Eigenkapitalverzehrgrenze erreichen. Wesentlich dafür waren ein Minus bei der Gewerbesteuer von 2,6 Mio. Euro und erhebliche Mehraufwendungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylunterkünften.
Wir haben zudem weder nennenswert „nutzbare“ Fortschritte bei der Substanzer-haltung unserer Schulen und Kindertageseirichtungen erzielt noch sind wir in der Realisierung des Stadtentwicklungskonzepts wirklich voran gekommen. Dass wir das Projekt „Soziale Stadt“ vor der Verwaltung „retten“ konnten, ist ein Lichtblick, doch ist damit noch lange nicht der Einstieg in konkrete Maßnahmen in der Sandheide und im Hochdahler Zentrum verbunden.
Was uns überdies heftig berührt ist, dass wir in der Kindertagesbetreuung quantitativ hinter dem zurück liegen, was wir uns als Ziel gesetzt hatten. „Bedarfsorientiert“ Plätze für unter- wie für über dreijährige Kinder anzubieten, schaffen wir im Moment nicht wirklich und für die nächste Zukunft müssen wir mit erheblichem Zuwachs an Platzbedarf in KiTas und bei der Tagespflege rechnen. Das liegt an Versäumnissen bei der statistischen Feststellung des Bedarfs, an sich positiv beim Familienzuzug bemerkbaren Generationswechsel in den Eigentumswohnvierteln der Stadt und es liegt auch daran, dass wir mehr Betreuungsbedarf durch fluchtbedingte Zuwande¬rung und Integration sowie Inklusion in Schule, in Wohnen und Arbeit haben.
Wir haben den achten Haushalt vor uns liegen, der nicht ausgeglichen ist, wo wir mehr ausgeben als wir einnehmen – und wo wir auch mittelfristig keine strukturelle Besserung erkennen können.
Ich stimme nicht in den Chor derer ein, die je nach parteipolitischer Einfärbung auf die Bundes- oder Landesebene schimpft, sie statteten die Kommunen nicht mit den erforderlichen Mitteln zur Bewältigung der Aufgaben aus – das stimmt über weite Strecken zwar, aber es wird sich da nichts ändern, jedenfalls nicht so schnell, wioe wir das bräuchten, um jetzt unsere Haushalte zu retten.
Wir wissen auch, dass die von uns abgelehnte Ausweisung eines Gewerbegebietes Neanderhöhe bis an den Rand des Neandertals, wenn sie denn überhaupt durchgeführt werden kann und realisiert werden würde, bestenfalls irgendwann nach 2020 zu Gewerbesteuereinnahmen führen würde – was uns also auch heute und im Finanzplanungszeitraum bis 2019 nicht hilft aus der Misere heraus zu kommen.
Wir sind davon überzeugt, dass diese missliche Lage schon in den letzten Jahren zu Sparanstrengungen geführt hat ohne die wir längst im Haushaltssicherungsverfahren wären. Wir sind überzeugt, dass wir uns weder bei den Pflichtaufgaben überhöhte Standards bei deren Ausführungen leisten noch dass wir mit tatsächlich oder vermeintlich „freiwilligen“ Aufgaben üppig mit Geld umgingen.
Daher ist auch nicht zu verstehen, warum sich die bürgerlichen Fraktionen jetzt klein reden und der Verwaltung ein „freiwilliges Haushaltssicherungskonzept“ abverlangen wollen: wir haben doch allesamt in den letzten Jahren Gelegenheit genug gehabt, Sparvorschläge zu machen, wo sind denn da die Beiträge von CDU, BmU und FDP gewesen und was würden denn diese Fraktionen tun, wenn Vorschläge wie Schließung von Bürgerbüros, Verzicht auf Kulturprogramme in der Stadthalle, Reduzierung der Betreuungsschlüssel in KiTas oder OGS, Nutzungsentgelte für Sportvereine inTurnhallen und auf Sportplätzen käme?
Nein, wir haben weniger ein Ausgaben- als ein Einnahmenproblem. Wenn wir unseren Bürgerinnen und Bürgern, wenn wir der heimischen Wirtschaft gute Infrastrukturen bei Betreuung und Bildung, Kultur und Sport, Straßen, Brücken, Ver- und Entsorgung, Kommunikation und Digitalisierung anbieten wollen, müssen wir sie auch an der Finanzierung angemessen beteiligen.
Darauf machen wir in jedem Jahr auch bei den Haushaltsberatungen aufmerksam und deshalb finden Sie auch in meinen Stellungnahmen immer wieder den Hinweis darauf, dass wir sparsam mit dem uns anvertrauten Geld umgehen wollen und müssen, aber auch, dass wir ohne eine verkraftbare Grundsteueranhebung strukturell nicht aus der Misere heraus kommen werden.
Deshalb beantragen wir hier eine Anhebung des Grundsteuerhebesatzes B von 420 auf 500 Punkte. Das ist für die SPD-Fraktion der entscheidende Punkt für die Tragfähigkeit dieses Haushaltes.
Das ist kein „Teufelswerk“, gestern hat Hilden – und die stehen nun wahrlich in ihrer Einnahmensituation noch deutlich besser dar als wir in Erkrath – die Anhebung dieses Hebesatzes um 100 Punkte beschlossen.
Das enthebt uns nicht der Notwendigkeit weiterer Sparanstrengungen. Wir wollen den Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt, selbst wenn er auf den ersten Blick Zweifel aufkommen lässt, ob die wirklich Erkrath meinen in der Beschreibung ihrer Ergebnisse, ernsthaft in den Fachausschüssen und im Haupt- und Finanzausschuss erörtern und prüfen, was an deren Vorschlägen umsetzbar ist.
Wir sagen Danke an die Verwaltung, insbesondere an den Kämmerer Thorsten Schmitz und sein Team für die gute Vorarbeit und die tatkräftige Unterstützung unserer Beratungen.
Detlef Ehlert