Abschied von Dieter Becker

Dieter Becker, hier rechts im Bild bei seiner Ehrung für vierzig Jahre in der SPD

Trauerfeier für Dieter Becker am 13. Juli 2020, Worte zum letzten Geleit, Ansprache des SPD-Fraktionsvorsitzenden Detlef Ehlert

 

Revolutionäre Geduld

Aus der Rede

eines alten Genossen

der als einziger

nach zwei Stunden

keine Spur von Ermüdung zeigte

und weitersprach

als hätte er

eben erst angefangen

lernte ich:

unser Kampf

ist ein langer Kampf

 

Keine Angst, liebe Trauernde, ich werde nicht zwei Stunden reden, auch wenn mir zu Dieter genug dafür in den Sinn käme. Nein, es geht mir mit diesem Gedicht von Erich Fried um die beiden letzten Zeilen:

Unser Kampf ist ein langer Kampf.

Dieters letzter Kampf ist nun zu Ende. Ich hatte in einer Traueranzeige geschrieben: er wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Aber er ist ihn tapfer angegangen, er hat ihn verloren, aber er hat sich nicht unterkriegen lassen.

Das ist typisch für Dieter: er hat sich nicht unterkriegen lassen. Stetig, beharrlich, durchaus auch mitunter eher stur, ist er seinen Weg gegangen, hat seine von ihm für wichtig und richtig erachteten Ziele verfolgt.

Unser Kampf ist ein langer Kampf: Na klar. Wenn ein junger Mann im Anschluss an seine Elektrikerlehre als Polizeianwärter in den Staatsdienst – und natürlich, wie sich das gehört, zugleich in die Gewerkschaft, natürlich die Gewerkschaft der Polizei, GdP, eintritt, ist das auch ein Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie, zu Recht und Gesetz und zu sozialer Verantwortung.

Polizist aus Leidenschaft, ob als Streifenpolizist in Duisburg oder als „der Funker der Bezirksregierung“, der maßgeblich die Strippen der polizeilichen Kommunikation bei der großen Kalkar-Demo 1974 gegen den „Schnellen Brüter“ gezogen hat oder dann seit 1980 im Innenministerium, wo er sich im Beschaffungswesen, vornehmlich in Kommunikation und Elektronik, einen Namen auch national und international in der EU gemacht hat.

Dieter war nicht nur polizeifachlich unterwegs, sondern sein Engagement galt auch immer seinen Kolleginnen und Kollegen im Sozialen. Im Innenministerium war er über viele Jahre im Personalrat, bis zu seiner Pensionierung als dessen Vorsitzender. Staatssekretär Wolfgang Riotte, ein eher feinsinniger Mann, verabschiedete Dieter 2003 in den Ruhestand mit dem positiven Werturteil, er sei ein „schwerer Verhandlungspartner“ gewesen, was sich also jedenfalls nicht nur auf sein Gewicht bezog.

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Seither weitere 17 Jahre blieb Dieter der Gewerkschaft und der sozialen Arbeit in der Seniorenbetreuung, der Pflege der Stammtischkultur und der Reiseunternehmungen treu – und begann seinen neuen Lebensabschnitt auch mit einer neuen Aufgabe in der SPD.

Die Beckers waren 1972 nach Erkrath, nach Unterfeldhaus, gezogen, Dieter ist 1976 in die SPD eingetreten. 44 Jahre, unser Kampf ist ein langer Kampf.

Ich hatte Dieter Anfang der 90er Jahre „kennengelernt“. Da hat er mir als dem jungen SPD-Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stadtrat und Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Wolfgang Drese am Telefon klargemacht, dass wir uns jetzt mal dringend und sofort dafür einzusetzen hätten, dass die Klärschlammdeponie des Bergisch-Rheinischen Wasserverbands vor der Unterfeldhauser Wohnbebauung zu stinken aufhören müsse.

Wir haben das tatsächlich geschafft, dem Stänkerer das Stinken zu ersparen…

Mit seiner Pensionierung hat er dann selber die Ärmel hochgekrempelt und hat in der Partei tatkräftig mitgemacht und gestaltet: Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Unterfeldhaus und später des fusionierten Ortsvereins Erkrath, im Stadtrat und im Stadtwerke-Aufsichtsrat seit 2004, Vorstandsmitglied der AG 60 plus. Dieter als ein Mann des Ausgleichs und des Verbindens wie der Verbindlichkeit. Auf ihn war Verlass, insbesondere ich selbst darf das mit Recht und mit Stolz sagen: er war immer auch für die Sache eine Stütze und Säule der Partei und der Fraktion und er war das auch für mich persönlich. Das werde ich ihm nie vergessen.

Ein letztes Beispiel für seinen und unseren langen Kampf bezieht sich auf die Aktivitäten, die zwar immer auch etwas mit unserer gemeinsamen Politik zu tun haben, aber auch weit darüber hinausgingen. Ich nenne den Bürgerbus Erkrath, ein Erfolgsmodell, das Dieter mit durchgesetzt hat, und ich nenne die Feuerwehr. Den Bau der Feuer- und Rettungswache in Hochdahl, für die wir gemeinsam gestritten haben, wird er nicht mehr wachsen sehen, aber das „kleine“ Gerätehaus hier gegenüber und die damit verbundene Pflege der Kameradschaft. Das war auch „sein Ding“. Übrigens, dass da drüben Parkplätze für Friedhofsgäste angelegt wurden, ist original seine Idee und sein Verdienst. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die bleiben…

Ich schließe mit einem weiteren Text von Erich Fried, der auf Dieter Becker gemünzt sein könnte:

Regelbestätigungen

 

Irgendwo

sitzt im System

manchmal einer

oder auch eine

und dreht ganz leise daran

damit es ein wenig

menschlicher wird

in diesem einen Fall

 

Dann schimpfen immer

Genossen

oder Genossinnen

über

Verkleistern von Rissen

und Alibifunktionen

 

Vielleicht

mit Recht

aber selten

die jeweils

Betroffenen